2.Konzert der Reihe Kultur am Kornhaus mit Helmut Österreich (Gitarre) & Julia Küßwetter (Sopran)

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Inhalt

Inhalt

00:00​ Intro
03:25 Bachianas Brasileiras Nr. 5
08:15 Moderation
13:05 Prélude Nr. 1
18:07 Prélude Nr. 2
21:38 Prélude Nr. 3
24:33 Prélude Nr. 4
27:19 Prélude Nr. 5
30:49 Moderation
35:02 Suite populaire brésilienne: Mazurka-Choro
38:18 Suite populaire brésilienne: Schottish-Choro
42:17 Suite populaire brésilienne: Valsa-Choro
46:17 Suite populaire brésilienne: Gavotta-Choro
51:07 Suite populaire brésilienne: Chorinho
55:45 Interview
1:04:15 Danksagung

Heute verbindet man den brasilianischen Komponisten Heitor Villa Lobosch vor allem mit Gitarrenmusik, obwohl er eigentlich nur 24 Stücke explizit für die Gitarre geschrieben hat.

Je nach Art der Zählung hat er nämlich 800 bis 2000 Werke in allen Genres geschrieben. Die Werklisten vermerken u.a. 4 Opern, 6 Ballette, 11 Symphonien und 17 Streichquartette.

Am erfolgreichsten aber und für seinen Namen bis heute prägend sollten zwei dezidiert brasilianische Zyklen werden: die Bachianas Brasileiras, von denen wir hier den ersten Satz in der Besetzung Sopran-Gitarre gehört haben und die Choros Nr. 1-14.

In den Bachianas Brasileiras hat Villa-Lobos seiner Verehrung für die Musik Johann Sebastian Bachs Ausdruck verliehen. Die Bach`schen Züge werden jedoch “brasilianisiert”, indem sie sich mit Elementen der Volksmusik Brasiliens verbinden.

Dem Komponisten war die Folklore seiner Heimat nicht nur durch sein Musizieren mit den Choros, den Straßenbands in Rio, vertraut, sondern auch aufgrund ausführlicher Studien im brasilianischen Urwald. Angeblich soll er dabei auch einmal Kannibalen in die Hände gefallen sein, die ihn nur deshalb verschonten, weil er so schöne Musik machen konnte. Im Paris der Zwanziger Jahre, wo er einige Jahre verbrachte, kamen solch abenteuerliche Geschichten aus dem Urwald jedenfalls gut an, und mit ihrer Hilfe und dank der exotischen Küche seiner Heimat gelang es Villa-Lobos, seine “brasilianischen Soiréen” zur Sensation der Pariser High Society zu machen. Dabei gab er neben abenteuerlichen Geschichten von zweifelhaftem Wahrheitsgehalt auch die originalen Melodien seiner Heimat zum Besten.

7 Versionen der Bachianas existieren, die allererste war 1930 für ein Cello-Orchester geschrieben und ist dem grossen Cellisten Pablo Casals gewidmet.

Auch eine sehr spannende Version für Sopran und 8 Celli ist unter diesen sieben, No 5, die der Komponist selbst später auch noch für Gitarre umarrangierte.

Die Melodien Brasiliens mit den Formen Bachs zu verbinden, war für Villa-Lobos mehr als nur ein kapriziöser Einfall, in dem sich persönliche Vorlieben widerspiegelten. Er hatte zwischen beiden Musikstilen, so weit sie auch geographisch wie historisch auseinanderliegen mochten, strukturelle Gemeinsamkeiten entdeckt. Diese Erkenntnisse hatte er gleichsam im “Modellversuch” bei den Straßenmusikern Brasiliens erprobt und festgestellt, dass für sie die Musik Bachs eine ganz natürliche, unkomplizierte Angelegenheit war.

Diese Affinitäten brachten ihn 1930, nach seiner Rückkehr aus Paris, auf die Idee, Bach und Brasilien gemeinsam einen Zyklus zu widmen.

“Bach`sche” Vorhaltsdissonanzen bestimmen den ersten Teil des Satzes.

Im Mittelteil geht der Sopran zur Rezitation eines Gedichtes von Ruth Corêa über, das vom Glanz des Mondes in der Nacht und der “Saudade” (sauthagie) erzählt, dem unverwechselbaren portugiesischen Wort für Sehnsucht.

Die nun folgenden 5 Préludes von 1940 sind Villa Lobosch` letzte Komposition für Gitarre. Sie wurden, im Gegensatz zu den ebenfalls berühmten 12 Etüden und der Suite populaire brésilienne, die wir später noch hören werden, in sehr kurzer Zeit geschrieben und auch nicht mehr verändert.

Der Gitarrist Johannes Tonio Kreusch meint dazu:

„Er komponiert eigentlich sein ganzes Gitarrenwerk am Ende seines Lebens noch einmal in den 5 Préludes und man findet Anklänge der Etüden, man findet Anklänge aus der Suite populaire brésilienne und er erreicht da eigentlich ein Werk, das gerade in Brasilien auch außerhalb des Gitarrenpublikums zum Teil zu Ohrwürmern geworden ist.“

1887 in Rio de Janeiro geboren, gilt Villa-Lobos als Vater der brasilianischen Musik. Auf einer Viola erlernte er das Cellospiel, die Gitarre während zahlloser gemeinsamer Stunden mit den Straßenmusikanten von Rio, deren Gesellschaft er seiner eigentlich von der Familie vorbestimmten Ausbildung zum Mediziner vorzog.

Nach einem vergeblichen Versuch, in Rio Musiktheorie zu studieren und dem frühen Tod des Vaters, verdiente er sich sein Geld als Cellist in Cafés und Kinos und blieb kompositorisch Autodidakt.

Ein einschneidendes Ereignis für Villa-Lobos’ musikalische Entwicklung war 1913 der Besuch des Ballets Russes, durch den er erstmals mit den französischen Impressionisten und verschiedenen russischen Komponisten, u.a auch der Musik von Igor Strawinsky in Berührung kam.

Die erste öffentliche Aufführung seiner eigenen Kompositionen fand im Jahre 1915 statt. Einen begeisterten Befürworter seiner Musik fand er im Pianisten und Komponisten Arthur Rubinstein, der 1917 während einer Tournee in Brasilien die Musik von Villa-Lobos hörte. Eine Freundschaft entwickelte sich auch zu Darius Milhaud, der sich zu dieser Zeit in Brasilien aufhielt.

Einen Großteil der zwanziger Jahre verbrachte er in Paris,  und erlebte dort die große Zeit Strawinskys, Poulencs und Prokofieffs mit. Und dort, an der Seine, gab er seinem Schaffen dann auch einen internationalen Anstrich. 1930 in seine Heimat zurück gekehrt, stieg er zu einem der gefeiertsten, aber auch umstrittensten Künstler Brasiliens auf. Vehement bereitete er den Boden für ein brasilianisches Musikleben nach europäischem Modell (er war u.a. Mitbegründer des Konservatoriums in Rio und andrer Institutionen), tat dies aber im Auftrag einer politisch sehr weit rechts stehenden Regierung.

Nach der Rückkehr nach Brasilien wurde er 1930 Direktor der Academia brasileira de musica und arbeitete ab 1932 für die Regierung Pläne für den Musikunterricht aus.

Damit begann auch seine Karriere als bedeutender Musikpädagoge, der die Musikerziehung in seinem Land nachhaltig prägte.

Ein weiterer Schritt zu internationalem Erfolg war der erste Besuch des Komponisten in den USA anlässlich eines Konzerts in Los Angeles im November 1944. Ab da hielt sich Villa-Lobos bis zu seinem Tod jedes Jahr in den USA auf, wo er als Gastdirigent die renommiertesten Orchester leitete.

1959 verstarb Villa-Lobos in Rio de Janeiro an Krebs.

Die Suite populaire brésilienne, komponiert von 1908-1912, mit den Sätzen

  • Mazurka-Choro
  • Schottish-Choro
  • Valsa-Choro
  • Gavotta-Choro
  • Chorinho

verbindet die brasilianische Folklore der Choros, der Straßenmusikanten, mit der höfischen Tanzform des europäischen Barock, der Suite.

Der Musikjournalist und Musikwissenschaftler Corrêa de Azevedo sagt über ihn:

“Die große Stärke seiner Musik ist ihre Spontaneität… Diese Frische kann den gelehrtesten Hörer wie den naivsten überzeugen, sie bringt ihre Wirkung durch Farbe, rhythmische Energie und die pure Schönheit ihrer Melodien hervor, aber vor allem durch ihre magischen Klangfarben, die selbst in Chor- und Kammermusik den Eindruck orchestraler Brillianz erwecken.”

Helmut Österreich

Helmut Österreich

Helmut Oesterreich studierte Gitarre bei Michael Teuchert und Kammermusik bei dessen Vater Heinz Teuchert an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Dort hat er seit dem Jahr 1986 selbst einen Lehrauftrag für Gitarre und Methodik. Außerdem unterrichtet er an der Musikschule Heidelberg Gitarre, sowie seit 2009 Gitarre, Ensembleleitung und Unterrichtsmethodik an der Berufsfachschule für Musik des Bezirks Mittelfranken in Dinkelsbühl.

Er ist Mitglied der Ensembles für Neue Musik Phorminx aus Darmstadt und Nunc aus Heidelberg. Als Dirigent leitet er seit 1994 das Jugendgitarrenorchester Baden-Württemberg, mit dem er beim Deutschen Wettbewerb für Auswahlorchester 1998 und 2018 den ersten Preis gewann, zahlreiche Konzertreisen unternahm sowie CD-Aufnahmen machte. In den Jahren 2003 bis 2005 war er Dirigent des World Guitar Orchestra. Mit dem Ensemble GuitArt gewann er 1996 den vierten Deutschen Orchesterwettbewerb. Außerdem leitete er 2007 das Ensemble United Guitars und seit 2008 die Open Source Guitars der Musikhochschule Trossingen. Weiterhin ist er regelmäßig auf Einladung international bekannter Ensembles wie des Nederlands Gitaarorkest oder des European Youth Guitar Ensemble als Gastdirigent bei Konzerten und Workshops auf großen Festivals weltweit tätig, beispielsweise in Havanna, Almere, Veria und Nürtingen. Auf seinen Konzertreisen auf der ganzen Welt arbeitete er unter anderem mit Terry Riley, Leo Brouwer, David Tanenbaum und Olaf Van Gonnissen zusammen.

Für die CD NUNC gewann er den Diapason d’or und sie war CD des Monats in den Zeitschriften Gitarre & Laute und Staccato.

Julia Küßwetter

Julia Küßwetter ist diplomierte Opern- und Konzertsängerin, Dozentin für Gesang und Vokalensemble an der Berufsfachschule für Musik des Bezirks Mittelfranken, sowie seit 2013 Dozentin für Gesang und Gesangspädagogik an der Kaleidos Fachhochschule in Zürich.

Portraitfoto von Julia Küßwetter